Arbeitgeber-Recherche: So spielt ihr richtig Detektiv

Bei wichtigen Entscheidungen wollen wir möglichst viel vorab wissen. Bei der Jobsuche stöbern deshalb immer mehr Menschen nach Informationen über den künftigen Arbeitgeber. Wo man am besten Detektiv spielen kann – und warum man bei der Arbeitgeber-Recherche mit voreiligen Schlüssen vorsichtig sein soll – erzähle ich euch im heutigen Beitrag.

Eigentlich liebt unser Gehirn Überraschungen. Positive Überraschungen senden Glückshormone aus, man möchte das beflügelnde Gefühl möglichst lange spüren. Deshalb lieben wir es, Komplimente zu erhalten, Dankesworte zu hören und nette Unterhaltungen zu führen. Wenn wir aber vor einer wichtigen Entscheidung stehen –  zum Beispiel, ob wir in eine neue Stadt ziehen, eine neue Arbeit aufnehmen oder jemanden heiraten, sind Überraschungen dagegen eher ein Stressfaktor. Aus diesem Grund versuchen wir, uns vorab möglichst abzusichern. Das gibt uns das Gefühl, auf Eventualitäten vorbereitet zu sein und Alternativen zu kennen.

Genau aus diesen Gründen suchen immer mehr Menschen nach Informationen über den künftigen Arbeitgeber, bevor sie die Bewerbung abschicken oder zum Vorstellungsgespräch gehen. Darüber hinaus kann man sich bei der Arbeitgeber-Recherche vorab ein Bild über die favorisierte Firma machen.

Das ist so ein bisschen wie Online-Shoppen. Man liest die Kundenmeinungen und Testberichte, vergleicht Preise und Versandkonditionen. Umso mehr freut man sich danach über noch bessere Erfahrungen als erwartet.

 

Wo und wonach sucht man eigentlich?

Grundsätzlich kann man einfach mit dem Suchfeld der bevorzugten Suchmaschine starten und dort den Unternehmensnamen eingeben. Das Verb „googeln“ ist euch ja bestimmt ein Begriff…  Neben der offiziellen Firmen-Webseite werdet ihr wahrscheinlich Ergebnisse von sozialen Medien oder verschiedenen Bewertungsplattformen erhalten.

Hier wird es interessant, denn auf diesen Seiten kann man so richtig spionieren. Die Firmen legen ihre Profile selbst an, und das gibt euch den Vorteil, sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerseite kennenzulernen.

Facebook, Xing, Glassdoor und LinkedIn:
Hier kann man die „harten Fakten“ sammeln und ein Gefühl für die Unternehmenskultur bekommen (und natürlich die frischesten Stellenangebote). Allein die Gestaltung der Job-Anzeigen erzählt schon viel über die Werte und Kommunikation. Ihr könnt zum Beispiel auf folgende Fragen Antworten finden und bewusst darauf achten:

  • Wie spricht man sich dort an – per Sie oder Du? Mit Nach- oder Vornamen?
  • Was für eine Hierarchie-Art wird dort gepflegt?
  • Welche Sprache spricht man im Büro?
  • Wie sieht es mit Familienfreundlichkeit aus?
  • Welche Bildungsabschlüsse sind dort relevant?
  • Wo befindet sich die nächste Niederlassung?
  • Was erwartet das Unternehmen von mir grundsätzlich?
  • Und vieles mehr …

Kununu und MeinChef
… setzen andere Akzente – diese Plattformen bieten den Nutzern in erster Linie die Möglichkeit, ihren Arbeitgeber direkt zu bewerten. Außerdem wird hier der Gehaltsvergleich durchgeführt, so dass ihr diese wichtige Information auch schnell findet.

Auf diesen Seiten könnt ihr die Meldungen von echten (hoffentlich!) Mitarbeitern lesen und in deren Alltag eintauchen. Das gibt euch einen Überblick über solche Aspekte wie:

  • Arbeitsbedingungen
  • Zwischenmenschliche Verhältnisse
  • Zusatzangebote und Benefits des Arbeitgebers
  • Gehaltsstatistik
  • Work-Life-Balance
  • Chancengleichheit
  • und mehr …

 

Wo lauern Gefahren bei der Online-Recherche?

An dieser Stelle möchte ich euch auf den menschlichen Faktor aufmerksam machen. Ihr habt bestimmt auch schon gemerkt, dass man im Internet viel zu oft negative Kommentare liest. Besonders, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht, zu denen ja auch das Arbeitsverhältnis zählt. Ich erkläre es mir persönlich so: Kritik auszusprechen fällt vielen schwer, weshalb sie dafür die Anonymität des Internets bevorzugen. Positiver Gedankenaustausch und Worte der Dankbarkeit gehen dem Menschen viel leichter von den Lippen. Man fühlt sich wohl, jemanden zu beglückwünschen oder eigene Sympathie auszusprechen. Deshalb schaffen positive Kommentare und Rückmeldungen es oft nicht in die Öffentlichkeit, weil man sie bereits mündlich mitgeteilt hat, vielleicht sogar von einem Blumenstrauß begleitet.

Den negativen Kommentaren lässt man heute also eher online Luft. Auch auf den Arbeitgeber-Bewertungsplattformen trifft man sehr oft auf erstaunlich niederschmetternde Erfahrungsberichte. Gerade hier lauert für euch die Gefahr der Voreingenommenheit! Eure Meinung über das Unternehmen wird vor allem auf negativ beladenen Informationen aufgebaut. Auch wenn ihr natürlich selbst entscheiden könnt, wie ihr damit umgeht, möchte ich euch eine Methode des kritischen Denkens an die Hand geben. Womöglich gehst ihr dann etwas distanzierter und konstruktiver an die Sache heran.

 

Bildet euch eine eigene Meinung: mit dem Ansatz vom „Kritischen Denken“

Die folgenden vier Punkte habe ich vom Workshop „Critical Thinking“ an der Cornell University (Ithaka, NY) mitgenommen. Ich habe die eigentliche Herangehensweise, die detailliert aufgebaut ist und schon an Detektivarbeit erinnert, etwas vereinfacht. Wer mehr wissen möchte, spricht mich gerne an 😉

Auf einer eingerahmten kleinen Tafel steht "Critical Thinking" mit Kreide geschrieben
Kritisches Denken ist bei der Arbeitgeber-Recherche hilfreich, um die Ergebnisse richtig für sich einzuordnen.

Die Ausgangssituation:
Ihr sammelt Informationen über den Arbeitgeber, um euch für eine Bewerbung zu entscheiden oder euch auf das Vorstellungsgespräch vorzubereiten. Im Internet findet ihr viele negative Kommentare und fangt an zu zögern und zu zweifeln.

So kann man seine Entscheidung strukturieren:

  1. „Was weiß ich (über das Unternehmen) tatsächlich?“ – sammelt hier alle Fakten. Dazu gehören Informationen ohne emotionale Färbung – Zahlen, Daten und offizielle Meldungen Dritter. Meinungen von anderen Menschen kann man als Gegebenheit sehen: Ja, es gibt viele verschiedene Meinungen.
  2. „Was weiß ich NICHT (über das Unternehmen)?“ – hier geht es um eigene Annahmen. An dieser Stelle kann man die Meinungen anderer Menschen in Betracht ziehen und versuchen, sie zu hinterfragen. Zum Beispiel: Was müsste passiert sein, dass diese bestimmte Person sich auf diese Weise über das Unternehmen äußert? Oder aus welchen Gründen hat das Unternehmen im letzten Jahr zum Beispiel einige Filialen schließen müssen?
  3. Wie entscheide ich mich aufgrund von Fakten, die ich kenne?
  4. Wie würde ich mich entscheiden, wenn ich die Informationen hätte, die mir jetzt fehlen?

Mit diesen vier Schritten könnt ihr eure Antwort sicherlich finden. Klar, dass es ein bisschen Zeit braucht. Doch bei wichtigen Entscheidungen nehmen wir uns die doch gerne, oder …?

Jetzt seid ihr für eure nächste Arbeitgeber-Recherche bestens gewappnet. Ich wünsche euch eine positive Überraschung beim nächsten Vorstellungsgespräch!

Viel Erfolg!
Bis zum nächsten Mal, Eure Anastasia

Anastasia Egorova

Die Menschen für Großes, Neues und Wunderbares zu inspirieren – das hat sich Anastasia beim Institut für Berufliche Bildung (IBB) zur Aufgabe gemacht. Ihre Energie und Ideen schöpft sie aus unzähligen Quellen wie Fachveranstaltungen, Netzwerktreffen und Reisen.

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Heinrich
Gast
Heinrich
16. Dezember 2018 8:37

Sehr schöner Beitrag und interessant und sehr leicht zu lesen.

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