Homeoffice als Erfolgsmodell? Diese Fragen sind entscheidend

Ja, ich bekenne mich: Seit ein paar Monaten arbeite ich von zu Hause aus. Oder „im Homeoffice“, wie es so schön heißt (wahrscheinlich, weil es weniger holprig klingt als „von zu Hause aus“). Allerdings nur einmal pro Woche, an den anderen Tagen komme ich wie immer ins Büro. Mehr Homeoffice-Tage will ich eigentlich auch gar nicht. Oder doch?

Wie wäre das eigentlich, wenn ich jeden Tag zu Hause bleiben würde? Von welchen Faktoren hängt es ab, ob sowas gut klappt?

Homeoffice als Trend

Bei meinem aktuellen Arbeitgeber arbeiten viele im Homeoffice – manche an einzelnen Tagen, andere sogar dauerhaft. Damit scheint mein Arbeitgeber zu den Trendsettern zu gehören, denn laut einer Untersuchung des Digitalverbands Bitkom steigt die Zahl der Unternehmen, die Heimarbeit erlauben. Zwischen 2014 und 2016 ist ein Anstieg von 20 auf 30 Prozent zu verzeichnen. In Ländern wie den USA ist der Anteil noch höher.

„Ist doch egal, wer wann wo arbeitet“, hat mir mal der Chef bei einem früheren Job gesagt. „Hauptsache, das Ergebnis stimmt.“

Aber es gibt auch skeptische Stimmen, die sich zum Beispiel fragen:

  • Ist der kollegiale Austausch eingeschränkt? Und behindert das die Produktivität?
  • Sind meine Mitarbeiter vielleicht nicht so gut erreichbar?
  • Ist die Leistung beim Arbeiten von zu Hause aus eingeschränkt?

Nicht zwangsläufig, lautet die Antwort. Aber wer damit liebäugelt, ganz oder zeitweise ins Homeoffice zu gehen, sollte sich folgende Gedanken machen:

Warum möchte ich eigentlich von zu Hause aus arbeiten?

  • Spare ich damit Zeit und kann Berufliches und Privates besser vereinbaren? Dann spricht nichts dagegen. Im Prinzip ist das ja der Hauptvorteil der Heimarbeit. Man spart sich Staus oder volle Züge und Fahrtkosten. Oder hohe Wohnkosten, falls man dadurch Umzüge in Ballungsgebiete vermeidet.
  • Habe ich zu Hause mehr Ruhe? Sehr wahrscheinlich, und das ist ein weiterer Vorteil. Man wird nicht so leicht von Kollegen abgelenkt und der gesamte Geräuschpegel ist geringer. Aber auch im Homeoffice klingelt das Telefon. Und wenn es am bisherigen Arbeitsplatz so laut ist, dass man allein deswegen nach Hause flüchtet, sollte man sich fragen, ob es nicht möglich ist, im ursprünglichen Arbeitsumfeld den Lärmpegel zu reduzieren.
  • Oder möchte ich den Kollegen vor Ort und Konflikten mit ihnen aus dem Weg gehen? Dann ist das Homeoffice keine richtige Lösung, sondern ich muss mich fragen, was grundsätzlich schiefläuft.
junge Frau im Homeoffice telefoniert
Arbeiten im Homeoffice bietet viele Vorteile

Ist mein Job fürs Homeoffice geeignet?

Diese Frage ist davon abhängig, wie fest ich in Arbeitsprozesse und soziale Strukturen eingebunden bin. Kann ich bei meinem Aufgabenfeld „mein eigenes Ding machen“ oder bin ich ein Zahnrad in einem größeren Getriebe, das nur bei intensiver Abstimmung mit anderen läuft? Reichen dafür die erforderlichen Kommunikationskanäle, die mir im Homeoffice zur Verfügung stehen? Hilfreich können feste Zeiten sein, in denen man mit einzelnen Kollegen oder auch dem ganzen Team in Kontakt tritt, zum Beispiel bei Telefon- oder Video-Konferenzen. Und auch unabhängig von festen Terminen sollte natürlich immer klar sein, wann man wie erreichbar ist. Wichtig ist also die Frage:

Wie kann ich die Verbindung halten?

Wie und wann sollen Informationen fließen? Welche Form der Kommunikation ist gewünscht? Der Kommunikationsfluss sollte natürlich nicht beeinträchtigt sein.

Bin ich fürs Homeoffice geeignet?

Ich muss damit leben können, zumindest zeitweise weniger präsent zu sein und nicht alles sofort mitzubekommen – und sei es nur der „Klatsch und Tratsch“ auf dem Flur. Das Gespräch mit Kollegen kann zwar eine Ablenkung sein, aber es kann meine Entscheidungsfindung im Arbeitsalltag auch positiv beeinflussen. Nicht zu vergessen ist, dass Kommunikation von Angesicht zu Angesicht eine nonverbale visuelle Komponente enthält, die beispielsweise beim Telefonieren wegfällt. Videoübertragungen können diesen Verlust zumindest ansatzweise ausgleichen.

Natürlich spielt auch die Persönlichkeit eine Rolle: Wer eher extrovertiert ist, fühlt sich schneller alleine, wenn er dauerhaft zu Hause bleibt.

Kann ich Arbeit und Privates gut voneinander trennen?

Diese Frage sollte man möglichst mit „Ja“ beantworten. Denn falls nicht, bestehen zwei Gefahren:

  • Manche lassen sich zu Hause zu leicht von anderen Dingen ablenken und arbeiten dadurch weniger konzentriert – oder überhaupt weniger. Wichtig ist eine feste, selbstdisziplinierte und eigenmotivierte Arbeitsweise und -struktur, auch ohne dass der Chef dauern neben mir steht und Druck macht.
  • Anderen geht es umgekehrt: Sie fühlen sich immer irgendwie „im Dienst“. Aus dem „Homeoffice“ wird abends nicht einfach nur noch das „Home“. Sie können auch am Feierabend nicht mehr abschalten, lesen weiter ihre Mails, nehmen den Laptop mit aufs Sofa oder ins Bett und arbeiten immer weiter. Die Work-Life-Balance geht verloren – Erschöpfungsgefahr!

Arbeiten andere Kollegen auch von zu Hause aus?

Oder bin ich ein Exot? Sind die Vorgesetzten schon daran gewöhnt? Würden es mir andere Kollegen übelnehmen? Bekomme ich Unterstützung bei Fragen und Problemen? Es ist wichtig, zum Beispiel bei größeren Entscheidungen nicht außen vor zu bleiben.

Kann ich alle Erwartungen erfüllen?

Sind meine Aufgaben klar definiert und für alle transparent? Ich muss mehrere Erwartungen erfüllen: die meiner Vorgesetzen, die meiner Kollegen und meine eigenen.

Bin ich technisch ausreichend ausgerüstet?

Meistens sind ein Computer, spezielle Programme und eine stabile Internetleitung nötig.

Kann ich trotzdem auch mal ins Unternehmen kommen?

Das sollte im Vorfeld geklärt sein, denn sonst steht mir dort unter Umständen kein Arbeitsplatz zur Verfügung.

So, dann überlegt mal schön, wie ihr die Fragen für euch beantwortet. Ich denke, die Homeoffice-Möglichkeit bietet wichtige Vorteile, während sich die Nachteile begrenzen lassen. Ich persönlich finde ein bis zwei Homeoffice-Tage super, aber gar nicht ins Büro zu kommen, kann ich mir nur schwer vorstellen. Letztendlich muss das jeder individuell für sich abwägen. Und im Zweifelsfall hat ja sowieso der Chef das letzte Wort …

Thomas Horn

Alles rund um das geschriebene Wort – das ist Thomas' berufliches Metier beim Institut für Berufliche Bildung (IBB). Die Aufgaben reichen von der Produkt- und Online-Kommunikation bis zur Unterstützung im Bereich Presse/PR. Thomas erstellt außerdem Broschüren, Flyer, andere Printmaterialien und was sonst alles noch anfällt.

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Heiko Schönefeld
Gast
Heiko Schönefeld
13. Februar 2018 23:43

Ich arbeiten schon seit vielen Jahren im Homeoffice. Glücklicherweise auch mit meiner Frau zusammen 🙂 Allerdings sind wir freiberuflich unterwegs, daher ist es vermutlich nochmal was anderes im Gegensatz zu einer Festanstellung. Ehrlich gesagt kann ich mir es absolut nicht mehr vorstellen „normal“ arbeiten zu gehen. Weder die Freiberufliche Tätigkeit aufzugeben, noch in ein Büro gezwungen zu werden. Gerade die Zusammenarbeit mit Kollegen (im übrigen auch Freiberuflich für das IBB) ist absolut kein Problem. Dank Skype und Co ist die Kommunikation meiner Meinung nach sogar bedeuten besser, präziser und schneller. Wenn ich an damals denke, wenn der Chef am Unternehmenssitz… Weiterlesen »

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