Ich habe eine kleine Schwester, Mutter zweier halbwüchsiger Kinder, verheiratet und im Leben angekommen. Vor 20 Jahren erlernte sie den Beruf der kaufmännischen Assistentin mit dem Schwerpunkt Fremdsprachen. Sie arbeitete aber nie in diesem Bereich. Stattdessen war sie in einem Krankenhaus im Patientenmanagement tätig. Nach 20 Jahren Ehe mit dem Arbeitgeber spielte sie mit dem Gedanken, die Scheidung einzureichen. Leichter gesagt als getan. Zwar existiert noch ihr Beruf, nur nicht mehr in der damaligen Form. Heute zählen nicht mehr nur Fremdsprachenkenntnisse in diesem Beruf. Kaufmännische Assistenten müssen auch im Marketing, Vertrieb und Absatz firm sein – Bereiche, die nicht in der Ausbildung meiner Schwester enthalten waren.
Bleibt also das Patientenmanagement. Aber auch hier weit gefehlt. Als meine Schwester ihr Berufsleben vor 20 Jahren begann, wurde der Beruf der Kauffrau für Gesundheitswesen gerade erst geboren. Quereinsteiger aus der Administration waren die Regel. Zwar kann sie hier auf 20 Jahre Berufserfahrung blicken, hätte aber trotzdem Probleme, eine Anstellung zu finden. Bereiche wie Personal, Qualitätsmanagement und Beschwerdemanagement waren nicht Teil ihrer Tätigkeit. Was also tun? Bleiben, wo sie ist und im Leben stagnieren oder sich verändern?
Rund 47 % aller Berufe könnten verschwinden
Studien des McKinsey Global Institute und der University of Oxford zeigen deutlich, dass bis zum Jahr 2030 ca. 47 % der Berufe verschwinden könnten. 45 % der Tätigkeiten könnten Maschinen übernehmen. Wer jetzt glaubt, es wären nur Niedriglohnbereiche betroffen, irrt sich. Auch hochqualifiziertes Personal wie Rechtsanwälte oder Steuerberater könnte in wenigen Jahren allmählich vom Arbeitsmarkt verschwinden. Probiert doch mal aus, ob vielleicht euer aktueller oder angestrebter Job ebenfalls von der Digitalisierung betroffen ist. Dafür gibt es ein interessantes Tool – den Job-Futuromat. In unserem Artikel „Werden wir bald durch Roboter ersetzt?“ erfahrt ihr mehr darüber.
Trotzdem bergen diese Veränderungen auch Chancen. Neues entsteht, Altes ändert sich. Diesen Wandel müssen nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmer mitgehen. Umschulungen und Weiterbildungen können eine Lösung sein.
Weiterbildung – Weiter mit Bildung
Im Jahr 2019 nahmen ca. 7,41 Millionen Erwerbstätige an einer beruflichen Weiterbildung teil. Davon waren rund 3,62 Millionen Frauen und ca. 3,79 Millionen Männer. Die Gründe waren vielfältig. Einige wollten in ihrem Beruf weiterkommen, andere umsteigen, andere wiederum arbeiteten in Berufen, die aufgrund von Digitalisierung, Dematerialisierung, Industrie 4,0 etc. aussterben oder sich verändern. Das zeigt eines deutlich: zu leben und zu arbeiten bedeutet lebenslanges Lernen.
Möchtest du dich weiterbilden, gibt es ein umfangreiches Angebot an Weiterbildungen. Oft sind diese Weiterbildungen so gestaltet, dass du dich mit ihnen an den sich wandelnden Berufsbildern anpassen oder anderen sogar einen Schritt voraus sein kannst. Gehörst du zu den Menschen, deren Berufe keine Zukunft mehr haben – sei es aufgrund der Arbeitsmarktsituation oder des Wandels –, kannst du über eine Umschulung einen völlig neuen Weg einschlagen. Eine Umschulung kommt für dich auch in Frage, wenn du vielleicht aus gesundheitlichen Gründen den Beruf wechseln musst, oder einfach keine Perspektive mehr in deinem Beruf siehst. Oft ändern sich die Ansprüche ans eigene Leben. Vielleicht bist du eine Einzelhandelskauffrau, die nicht mehr am Wochenende und abends arbeiten möchte, um mehr Zeit für ihre Familie zu haben. Dann ist eine Umschulung eine gute Lösung. Der Bund und die Länder bieten dir hier verschiedene Fördermöglichkeiten, die dir eine berufliche Neuorientierung mit Alltag und Familie erlauben.
Klar, vermutlich stöhnst du in Erinnerung an deine Schul- und Lehrzeit und fragst dich, wie du das in deinen Alltag integrieren sollst. Ebenso wahrscheinlich fragst du dich, ob du überhaupt noch lernen kannst nach all den Jahren der Abstinenz. Natürlich kannst du das. Immer mehr Bildungsinstitute für Weiterbildungen und Umschulungen bieten, neben den Kursen, Lerncoachings an und begleiten dich durch deine Schulung.
Auch die Corona-Pandemie hat ihr Übriges getan. Waren vor zwei Jahren Online-Schulungen eher die Ausnahme, sind sie heute dank oder wegen der Pandemie fast selbstverständlich. Damit kannst du Beruf, Familie und Alltag hervorragend miteinander vereinbaren.
Geförderte Bildung – neue Perspektiven
Reisekosten, Teilnahmegebühren, Verdienstausfall: Bildung kostet Geld. Geld, das du nicht zwingend selbst in die Hand nehmen musst. Der Bund, die Länder und andere Stellen fördern die berufliche Weiterbildung, wenn bestimmte Voraussetzungen dafür erfüllt werden. Dein Arbeitsberater bzw. die Bundesagentur für Arbeit berät dich gern dazu. In unserem Überblick findest du ebenfalls hilfreiche Informationen zu den Fördermöglichkeiten.
Wichtige Förderungen im Überblick:
- Bildungsgutschein
- Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS)
- Weiterbildung von Beschäftigten in Unternehmen über das Qualifizierungschancengesetz
- Weiterbildungsprämie
- Zukunftsstarter – Initiative zum Nachholen eines Berufsabschlusses
- Aufstiegs-BAföG
- Aufstiegsstipendium
- Weiterbildungsstipendium
- Bildungsprämie
- Fördermöglichkeiten der Länder
- Bildungsurlaub
Hast du noch Anregungen oder Ergänzungen zum Thema oder vielleicht selbst Erfahrungen damit gemacht, in einem aussterbenden Beruf tätig zu sein? Dann freuen wir uns auf einen Kommentar von dir.
Übrigens: Kosten für die Weiterbildung kannst du in deiner Steuerklärung als Werbungskosten geltend machen.