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Interview mit Daniel Timmermann, Umschüler beim IBB

Stellen Sie sich doch gerne einmal vor!  

Ich bin Daniel Timmermann. Ich bin 28 Jahre alt und mache zurzeit eine Umschulung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen beim IBB.  

Ich habe davor, als ich 18/19 war, eine Ausbildung gemacht zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Musste sie aber leider aus gesundheitlichen Gründen abbrechen, weil ich einen Arbeitsunfall hatte. Dadurch habe ich PTBS bekommen und konnte keine Leiter mehr sehen, weil ich von einer Leiter gefallen war aus 5m Höhe.  

Danach kamen Reha und Aufbereitungskurs und dadurch bin ich durchs Arbeitsamt zum IBB gekommen hier in Wittmund und wurde dort von Herrn Kleine-Weischede (Anmerkung der Redaktion: Jobcoach beim IBB) schön in Empfang genommen.  

Das hat mir mega gefallen. Sein Engagement, also alles. Er hat meinen Lebenslauf gesehen und hat gesagt: „Den überarbeiten wir jetzt.“  

Ich saß neben ihm. Da stand nur: „Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik.“  

Und er hat mich gefragt, was ich da alles gemacht habe, und hat so meinen Lebenslauf gefüllt. Er hat ihn von einer Seite auf zwei Seiten gebracht.  

Am Ende stellte sich heraus, dass den Lebenslauf so aufzufüllen, auch dem Arbeitgeber die Chance bietet zu sehen: „Hey, das kann er ja auch.“ Da denkt man, wenn man an die Schule zurückdenkt: Das, was man beim IBB macht im Jobcoaching, warum machen die das nicht in der Schule? Das wäre für den einen oder anderen sicher hilfreich.  

Nach dem Jobcoaching habe ich ein Praktikum gemacht bei einer Spedition. Und das hat mich so inspiriert, die Planung der LKW und so, dass ich wieder zum IBB gekommen bin in Wittmund und die haben mir den Umschulungsvertrag fertiggemacht. Und zwei oder drei Wochen später konnte ich durch die Förderung der Rentenversicherung auch schon anfangen.  

In der Umschulung (Ergänzung der Redaktion: zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen) mussten wir auch ein sechsmonatiges Praktikum machen. Das habe ich bei Bünting gemacht. Das ist hier in Norddeutschland, Ostfriesland so eine Kombi: Bünting, Markant, die ganzen Supermärkte. Die sind hier bei uns oben in der Ecke. Da saß ich dann in der Disposition.

Wie lange haben Sie denn in Ihrem ersten Beruf gearbeitet?  

Ich war noch in der Ausbildung, ich war noch gar nicht ausgelernt.  

Ich habe zwei Ausbildungen gemacht zum Elektroniker. Bei der ersten wurde ich gekündigt. Ich hatte mir den Fuß verletzt und hatte einen Fremdkörper darin, der entfernt werden musste. Und während ich krankgeschrieben war, wurde ich gekündigt. Ich habe dann eine zweite Ausbildung angefangen, selbe Branche, und da war dann der Unfall.  

Von 14 bis 17 war ich bei der ersten Ausbildung. Dann von 17 bis 20 bei der anderen. Das war echt zwei Monate vor der Abschlussprüfung. Dann war ich zweieinhalb Jahre in der Reha- und Genesungszeit. Und anschließend war ich beim Jobcoaching, was ich total toll fand.  

Herr Kleine-Weischede fragte mich: „Was ist deine Stärke?“  

Ich habe gesagt: „Teamfähigkeit.“  

Da sagte er: „Das ist keine Stärke, das ist eine Voraussetzung.“ Was ja stimmt!  

Und dann sagte er zu mir: „Was machst du denn so? Was sind deine Hobbies?“  

„Ich zocke gerne.“

„Ja, dann schreiben wir das doch da rein: Kann länger als acht Stunden am Computer sitzen, ohne Kopfschmerzen zu bekommen.“ Das ist für mich normal, aber das können wohl nicht alle.

Wie kam es denn dazu, dass Sie von der Ausbildung zum Elektroniker zur Umschulung in der Spedition gekommen sind?  

Das hat sich in der Reha entwickelt. Ich wollte einfach einen Bürojob, irgendwas in einem bekannteren Umfeld.  

Aber Herr Kleine-Weischede hat im Jobcoaching gesagt: „Nein. Bürojob okay, aber schon ein bisschen was extra!“ Das hat mich wirklich inspiriert und so bin ich dahin gekommen.

Gab es denn Sorgen oder sogar Ängste in Bezug auf den Umschulungsstart?  

Ängste vielleicht, neue Leute kennenzulernen. Ich mag das nicht so, ich bin eher introvertiert. Online macht mir das gar nichts aus, da könnten 100 Leute hier sitzen, das macht mir nichts. Aber sobald Leute mit im Raum sind, dann ist das schon so ... weiß ich nicht. Online habe ich weniger Bedenken, als wenn ich präsent bin. Es war dann am Anfang nur ein bisschen ungewohnt. Ich kannte es nur aus der Schule, aber bei der Umschulung war das schon anders.

Jetzt sind Sie schon fast am Ende der Umschulung, aber was war das anfangs für ein Gefühl, beruflich noch mal einen neuen Versuch zu starten?  

Dass ich was Neues haben möchte, das war schon in der Reha bekannt. Ich habe viele LinkedIn-Learning-Kurse gemacht und war erst mal auf der Suche nach einer Umschulung zum Anwendungsentwickler. Das wurde aber abgelehnt von der Rentenversicherung.  

Ich habe vor der Umschulung das Praktikum gemacht, einen Monat lang. Mein Anleiter war super zufrieden mit mir. Ich habe nur tolle Bewertungen bekommen. Ein bisschen an meiner Teamfähigkeit sollte ich noch arbeiten, aber ich brauche einfach ein paar Wochen zur Einfindung in neuen Gruppen. Und dann kann es losgehen!  

Zum Gefühl: Das ist schwer zu sagen. Es ist so ein neuer Meilenstein. Ein neues Repertoire, was man lernen, was man erreichen möchte. Dass man sagen kann: “Hey, ich habe eine Chance bekommen, etwas Neues zu lernen und ein gutes Gehalt zu sichern.”  

Man stellt sich so vor: Was willst du machen? Und man fragt sich schon: Kannst du das? Schaffst du das? Aber am Ende sitze ich jetzt hier und habe gerade meine Prüfungen geschrieben.  

Haben Sie das Gefühl, gut auf die Prüfungen vorbereitet worden zu sein?  

Auf jeden Fall! Ich habe immer so einen Prüfungsstress. Der Kopf spielt verrückt, das Herz spielt verrückt, immer am Rasen. Den Stress dann noch zu haben mit der Prüfung. Das Ding ist: Ich kann das alles, ich weiß das alles.  

Wir haben etliche Prüfungen gemacht, die Dozenten haben uns wichtiges Prüfungsmaterial gegeben und mit uns bearbeitet.  

Alle sind lieb und nett. Wenn man sie anschreibt und sie da sind, bekommt man immer schnell eine Antwort zurück. Ich habe jetzt auch einen anderen Dozenten aus der Spedition angeschrieben, der einmal Vertretungsunterricht gemacht hat. Und der hat mir auch in fünf Minuten geantwortet, obwohl der mich ja nur eine Stunde hatte.  

Wie sah denn die Unterstützung durch die Mitarbeitenden aus? Auch bei Ihrem Prüfungsstress?

Wir hatten regelmäßig einen Workshop im Rahmen der sozialpädagogischen Begleitung. Da ging es auch um die Vorbereitung zur Prüfung. Es ging viel um Regulierung und Stressbewältigung. Vieles kannte ich auch noch aus der Reha. Da habe ich immer die Unterstützung der Leitung bekommen und wir waren alle zwei Wochen im Gespräch, das hat mir sehr geholfen.  

Auch wenn ich andere Anliegen habe, wird sich das hier am Standort richtig angehört und darauf reagiert.

Ich finde es einfach toll, dass es sowas wie das IBB überhaupt gibt, das war mir gar nicht so klar. Dass man Umschulungen machen kann, wusste ich schon. Aber dass das so einfach überall geht, das finde ich super.  

Im Praxisteil der Umschulung machen Sie ja ein Praktikum. Wie sind Sie denn auf Ihren Praktikumsbetrieb gekommen?

Ich wollte auf jeden Fall einen Praktikumsbetrieb, bei dem ich eine Übernahmechance habe. In den sechs Monaten lernt man sich kennen, man weiß, worauf man sich einstellt. Und man ist schon eingearbeitet, man muss nicht erst noch neu eingearbeitet werden. Den Betrieb kannte ich tatsächlich noch durch meine frühere Ausbildung, da gab es schon Kontakt. Die haben eine Praktikumsstelle ausgeschrieben und ich habe mich beworben.  

Wie sehen Sie jetzt Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt im Vergleich zu vor der Umschulung?  

Ich weiß es nicht genau. Ich wüsste nicht, was ich vor der Umschulung gemacht hätte. Ich hätte wahrscheinlich einen Bürojob gesucht. Ich bin technisch vorbereitet, kann gut mit Excel, Word und PowerPoint umgehen. Ich habe schon Technik-Skills, aber hätte ich mich bei der Spedition beworben vor der Umschulung, ich hätte wohl wenig Chancen gehabt.  

Ich hätte vielleicht auch geguckt, ob ich irgendwo einen IT-Job gefunden hätte als Quereinstieg. IT oder Büro. Ich habe jetzt durch meine Umschulung die Möglichkeit, in viele verschiedene Richtungen zu gehen im Speditionsbereich. Da bin ich offen und muss noch entscheiden, wo ich genau hinwill. Aber die Umschulung hat meine Chancen hier deutlich gesteigert.  

Was würden Sie anderen Leuten mitgeben, die überlegen, eine Umschulung zu machen?  

Ich würde sagen, wenn sie die Chance haben, etwas Neues zu lernen, und auch etwas Neues lernen wollen, sollten sie die Chance wahrnehmen. Wenn sie jetzt nicht glücklich sind in ihrem Feld, haben sie vielleicht das falsche gewählt. Was ja nicht schlimm ist.  

Wenn Leute sagen: “Ich habe keinen Spaß an meinem Beruf, eine Umschulung kann mir sogar finanziert werden.” Dann würde ich denen raten: “Ergreif die Chance! Die Chance haben nicht alle. Nimm sie, streng dich an und mach was draus.”

Vielen Dank für Ihre Zeit!