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Interview mit Peter Jähne, Lernzeitbegleitung

Peter, stell dich bitte kurz vor.

Mein Name ist Peter Jähne. Ich bin mittlerweile 59 Jahre alt. Das glauben mir die meisten nicht, wenn ich online unterrichte, aber es ist leider oder zum Glück so. Ich bin gelernter Bank- und Versicherungskaufmann und so ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde zum IBB gekommen. 

Tatsächlich ganz lustig, ich habe bei meinem Bewerbungsgespräch gar nicht gewusst, dass ich mich bewerbe. So nach einer halben Stunde habe ich dann gedacht, wir müssen noch mal kurz über die Voraussetzungen reden, und habe anschließend angefangen, an den Standorten zu arbeiten. Bis zur Standortleitung in Stade und von dort aus bin ich dann ins Umschulungsmanagement gewechselt. 

Von dort bin ich dann – weil ich gesagt habe, ich möchte mich weiterentwickeln – in das Projekt „Fachtutoring“ gekommen. Das war vor zweieinhalb, drei Jahren. Ich fühle mich da immer noch sehr wohl. Mittlerweile wurde das „Fachtutoring“ umgeskriptet in „Lernzeitbegleitung“, aber im Prinzip machen wir dasselbe.  

Welche Aufgaben übernimmst du jetzt genau bei der Lernzeitbegleitung?

Ich bin im Team Dienstleistungen, wo ich Anfragen von Kunden bearbeite und auf die Wünsche eingehe. Ich vereinbare Termine und gebe fachliche Unterstützung bei Gruppen, Einzelpersonen, aber auch Kleingruppen. Dazu gehört auch das Anbieten von einem Workshop.

Ich bin im Bereich Grundqualifikation eingesetzt und daraus ziehe ich dann auch meine Workshop-Themen. Da geht es dann um einfaches kaufmännisches Rechnen wie Prozentrechnung, Zinsrechnung, Dreisatz usw. Einige Personen, die anfangen, haben da große Probleme und die brauchen dann Unterstützung.

Ich habe außerdem die Aufgabe, in den Klassen zu konsultieren, also Fragen zu beantworten zu den einzelnen fachlichen Themen. Und wenn es notwendig ist, dann springe ich auch als Dozent ein und übernehme Klassen vollumfänglich.

Was bringt dir an dem Job am meisten Spaß?

Ich erkläre gerne Dinge. Das mache ich in meiner Freizeit und das mach ich auch beruflich mittlerweile. Es macht mir Spaß, anderen etwas beizubringen und sie persönlich, fachlich, aber auch individuell zu fördern. Ich sage ihnen mal auch Dinge zur Motivation und nehme ihnen ein bisschen die Prüfungsangst, während wir fachlich miteinander arbeiten.  

Ich kriege immer wieder gesagt: „Was können wir Ihnen Gutes tun?“ 

Ich sage dann: „Wenn Sie den Kurs bestehen, ist das das Beste, was Sie tun können.“

Das ist die schönste Bestätigung. 

Das macht mir am meisten Spaß, genau.

Jetzt hast du ja schon das Thema Prüfungsangst angesprochen. Was sind sonst noch häufige Themen, mit denen die Leute zu dir kommen? 

Leute kommen zu 80, 90 % immer mit fachlichen Themen. Meistens heißt es: „Ich kapier das nicht, ich muss vielleicht hinschmeißen.“ Sie da wieder runterzuholen, zu sagen: „Es ist gar nicht so schwer. Der Elefant im Raum ist gar nicht so gefährlich, wir gucken uns das mal an und reduzieren das auf einzelne Schritte.“

Meine Lieblingsgeschichte ist da die vom Straßenfeger Beppo aus „Momo“ (Anmerkung der Redaktion: von Michael Ende). Wo Momo sagt: „Wie kannst du die ganze Straße fegen und trotzdem immer eine gute Laune haben?“

Das ist eine Riesenaufgabe und Beppo sagt: „Würde ich mir die ganze Straße angucken, würde ich wahrscheinlich auch verzweifeln, aber ich gucke vor meine eigenen Füße. Ein paar Schritte, Tritte und Besenstrich und wieder Schritt und Tritt und Besenstrich. Dabei pfeife ich mein Lied. Und bevor ich mich versehe, ist die ganze Straße gekehrt.“ (Anmerkung der Redaktion: Die Geschichte wurde aus dem Gedächtnis wiedergegeben und ist kein Zitat Wort für Wort.

Das ist das, wo man die Leute zurückholen muss, sagen muss: „Die ganze Aufgabe ist furchtbar kompliziert, da gebe ich euch recht. Ihr hattet damit noch nie zu tun, aber lasst uns das mal Schritt für Schritt machen.“

Einen Schritt nach dem anderen. Wenn ihr einen Schritt nicht versteht, gucken wir noch mal genauer drauf. 

Welche Erfolgsgeschichten von Teilnehmern sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Ich habe eine Dame in der Lernzeitbegleitung, die ist in der Umschulung zur Speditionskauffrau. Sie hat am Anfang gesagt: „Sie haben mich unter meinem Stein herausgeholt und jetzt kann ich mich nicht mehr verstecken.“ Das heißt: Sie haben mir gezeigt, was ich kann. Sie ist aufgeblüht.  

Sie hatte von einer Firma Angebote bekommen und gesagt: „Das traue ich mich gar nicht.“ Ich sagte: „Natürlich können Sie sich das trauen, weil Sie das einfach können, weil Sie einfach grundlegend erstmal gefestigt sind.“

Sie hat von ihrer Prüfung erzählt. Sie hat die schriftliche Prüfung gemacht und gesagt: „Schade, dass ich Sie nicht falten kann, ich würde Sie gerne mitnehmen in die Prüfung. Jedes Mal, wenn ich an einen schwierigen Punkt komme, dann höre ich Ihre Stimme und höre immer wieder: ‘Denken Sie nach, reduzieren Sie es auf die Grundlagen und bauen Sie es von da aus auf.’“ Und das ist so etwas, wo diese Frau tatsächlich unglaublich aufgeblüht ist - nicht nur fachlich, sondern auch persönlich.  

Eine weitere Erfolgsgeschichte: Wir hatten mal eine Brasilianerin, sie hat fachlich alles super hingekriegt. Dann musste sie in die mündliche Prüfung zur Präsentation. Sie war so unsicher, weil sie nicht wusste, wie ihr Akzent ankommt. Sie konnte bestimmte Dinge nicht so ausdrücken. Dann haben wir mit ihr mündliche Prüfungen geübt. 

Sie kam zurück und war überglücklich und hat gesagt, dass sie 97 % in der Prüfung gemacht hat. Sie meinte: Es gibt keine bessere Vorbereitung als das, was wir mit ihr gemacht haben.

Das sind zwei Geschichten, die mir im Kopf geblieben sind.  

Toll.

Eine Geschichte reiht sich an die andere und das macht mir einfach Spaß. Diese Erfolge zu sehen, wie Menschen sich entwickeln, und diese Erfolge feiern. Das sind im Prinzip ein bisschen auch meine Erfolge, die die Leute dann erreichen.

Natürlich gibt noch andere Bestätigungen, aber ich finde, dass das Menschliche zählt. Gerade, weil wir ja online, also virtuell arbeiten, dürfen wir das Menschliche nicht außer Acht lassen.  

Ich sage mal, ich bin der Geschichtenerzähler. Ich erzähle immer meinen Klassen Geschichten, die irgendwie mit Selbstbewusstsein und dem Verdrängen von alten Ängsten zu tun haben. Oder mit dem Blick in die Zukunft. Solche Sachen kommen immer ganz gut an. Einen Moment lang nicht rechnen, sondern einfach mal zuhören und durchatmen und dann wieder anfangen.

Jetzt verändern sich ja die Anforderungen an Fähigkeiten und Kompetenzen in Deutschland in den letzten Jahren immer wieder. Was denkst du, wie wird sich das Ganze weiterentwickeln?

Es wird so sein, denke ich, dass es immer schneller notwendig ist, die Menschen wieder zurück zu den Kompetenzen zu holen, die sie benötigen. Ich glaube, es wird schneller werden. 

Natürlich sind wir in einer Phase, wo uns ganz klar bewusst ist, dass ein lebenslanges Lernen notwendig sein wird, nicht nur für unsere Teilnehmer, sondern auch für uns. Es verändert sich auch bei uns so viel, immer wieder neue Dinge und auch wir müssen immer wieder an die Hand genommen werden, um neue Technologien mit einzubringen.  

Das ist eine Entwicklung, die bisher oder in der Vergangenheit linear verlaufen ist und die mittlerweile exponentiell verläuft. Das heißt, wir müssen also hier damit rechnen, dass die Geschwindigkeit unglaublich zunimmt und dass wir auch schneller werden müssen. 

Du bist ja schon echt lange beim IBB, wie lange genau?

Zehn Jahre, fast elf.  

Du hast quasi ein Viertel der Zeit des IBB miterlebt. Was sind denn für dich Veränderungen gewesen, die du mit begleitet hast?

Als ich angefangen habe, gab es schon das virtuelle Lernen. Immer mehr Leute - gerade nach Corona - haben gesehen, dass online viel besser funktioniert. Dass es viel mehr Möglichkeiten bietet als nur reines E-Learning, also nur irgendwelche Videos anschauen.  

Virtuelles Lernen ist einfach ganz anders. Während Corona und den Einschränkungen haben viele erkannt, dass darin Potenzial besteht.  

Ich bin der Meinung, dass die Lernzeitbegleitung da sicherlich ein guter Schritt ist, um den Kunden klarzumachen: „Ihr seid während der gesamten Zeit nicht alleine.“

Das ist das, was ich früher in Stade gelebt habe. Ich bin tatsächlich auch als Standortleiter durch die Räume gegangen, habe mich mit den Kunden unterhalten und so versucht zu hören: Wo sind die Ängste?

Was rätst du Personen, die grundsätzlich gerne eine Weiterbildung oder eine Umschulung machen möchten, aber noch Bedenken haben? Wie kann man ihnen die Angst nehmen? Oder die Unsicherheit?

Ängste nehmen ist immer schwer. Ängste nehmen passiert immer dadurch, dass man zeigt, dass es gar nicht so schlimm ist. 

Ich würde tatsächlich den Menschen raten: Überlegt euch, ob ihr das wollt. Wichtig ist zu wissen: „Was möchte ich wirklich haben? Was passt zu mir?“ Wenn ich der Typ bin, der bisher nur mit Präsenzunterricht gearbeitet hat, sollte ich mir bewusst machen, dass es andere Möglichkeiten gibt.  

Das heißt, das persönliche Gespräch ist ganz wichtig und dabei geht es nicht um ein Verkaufsgespräch, sondern um ein Beratungsgespräch. Es geht darum, die Kund:innen, die Interessent:innen aufzuklären, welche Chancen es gibt. Ohne zu verschweigen, dass es auch Schwierigkeiten geben kann.

Man muss den Kunden auch klar machen, dass wir durch das virtuelle Lernen eine Tür aufstoßen, die in der Arbeitswelt gang und gäbe geworden ist. Wir also durch das virtuelle Lernen etwas beibringen, was nicht nur fachlich, sondern auch mechanisch in der Arbeitswelt abgefragt werden wird.

Du lernst gleich zwei Dinge auf einmal. Du lernst fachliches Wissen und du lernst das Wissen im Umgang mit digitalen Tools. Und das würde ich jemandem empfehlen, der eine Umschulung oder Weiterbildung machen möchte.

Es ist auch die digitale Kompetenz, die man mit erwirbt und die später auch die Arbeitgeber erwarten.

Genau.

Was sind die ersten drei Worte, die dir einfallen, wenn du ans IBB denkst?

Das erste Wort ist Mitarbeit. Weil wir viele Möglichkeiten haben, selbst zu gestalten. Es gibt keine Blaupause für diese Art der Arbeit mit den Teilnehmern.  

Was ich noch gut finde beim IBB, ist die Flexibilität. Das heißt, dass wir wirklich in der Lage sind, Dinge im Sinne des Kunden umzusetzen. Dadurch, dass wir so ein großes Team sind und viele, viele Kompetenzen haben, können wir den richtigen Mann oder die richtige Frau zum Kunden schicken. Manchmal kommt man mit einem Menschen auch nicht gut klar, man versteht die Erklärungen nicht gut. Da sind wir sehr flexibel.  

Das dritte ist die persönliche Entwicklung im IBB. Es findet sich immer eine Möglichkeit, auf die persönlichen Bedürfnisse des Mitarbeiters einzugehen.

Gibt es sonst noch etwas zu ergänzen, was vielleicht erwähnenswert wäre?  

Also ich finde, es ist ganz wichtig, dass wir dem Kunden oder dem Interessenten gegenüber vermitteln: Ihr werdet nicht allein gelassen. Ihr habt Lehrer, ihr habt Dozenten, ihr habt Mentoren. Und ihr habt noch andere Möglichkeiten, euch Hilfe zu holen, euch Unterstützung zu holen.

Ich sage immer: Schreibt eine kurze Mitteilung. Ihr habt da Probleme, ihr habt das nicht verstanden und wir helfen. Wir vereinbaren Termine und reden dann persönlich mit den Leuten. Wir schauen: Wo hängt es denn?  

Im persönlichen Gespräch kriegt man meist mit: Oh, das ist ja gar nicht das Problem, dass wir hier die Formel nicht kennen, sondern der Mensch hat Probleme mit Zahlen. Und wenn Probleme mit Zahlen auftreten, dann muss ich ganz anders herangehen an die Sache. Wir gucken uns das zusammen an, keine Angst.

Die Lernzeitbegleitung ist ein Hilfsmittel, das sie nutzen dürfen. Ich werde ganz oft gefragt: “Wie oft darf ich das denn nutzen? Einmal die Woche, zweimal die Woche, nur insgesamt fünfmal?" Und ich sage: „Solange wie Sie Unterstützung brauchen.“

Ich sag immer: „Eine Ausbildung, Weiterbildung oder Umschulung ist wie eine Schubkarre von A nach B zu tragen. Da sind ganz viele Steine drin und wenn es bergab geht, dann geht es ganz einfach und wenn es gerade ist, dann müssen wir uns ein bisschen anstrengen, okay. Aber wenn es bergauf geht, dann brauche ich vielleicht jemanden, der mitschiebt, bis zu dem Punkt, wo ich die Gruppe erreicht habe, dann kann ich es wieder selbst.

Und wenn ich in ein Schlagloch reinkomme, dann brauch ich mal einen, der mit anpackt. Und dann kann ich weiterlaufen. Und genau so sehe ich uns ein bisschen. Wie diejenigen, die aus dem Schlagloch raushelfen, aber auch diejenigen, die am Berg mitschieben.

Vielen Dank, Peter!